Effektive Impulse für Ihren unternehmerischen Alltag # 2 – von Holger Quandt, Mediator
Mediation – ja oder nein ? Das ist hier die Frage!
Mediationen nehmen zu, spielen jedoch bei uns im Vergleich zu USA und anderen Ländern noch keine große Rolle. Wie kommt das?
Gerade im Wirtschaftsbereich bietet dieses Verfahren Vorteile gegenüber gerichtlichen Auseinandersetzungen.
Wann ist eine Mediation sinnvoll?
Mediation kann einerseits als Alternative zum gerichtlichen Weg betrachtet werden, andererseits fühlt es sich im Ernstfall oft nicht so an, als wäre es wirklich eine kluge Alternative. Oft genug höre ich den Satz: “In meinem Fall bringt das nichts.”
Die Einstellung ist einfach zu erklären und erstmal einleuchtend. Erst wenn eine Meinungsverschiedenheit zum Streit eskaliert, kommt die Idee auf, sich externe Hilfe zu suchen. In diesem Stadium ist der Glaube an eine kooperative Lösung verloren und das Heil wird in der Konfrontation gesucht. Jetzt wird lieber ein Anwalt einschaltet, der dem Gegner zeigen soll, wo es langgeht.
Die Mediation bietet also eine kooperative Lösungsstrategie zu einem Zeitpunkt an, an dem sie für die Streitparteien unerreichbar scheint. Wenn aus Kooperation Konfrontation geworden ist, dann behauptet die Mediation wieder zurück zur Kooperation zu kommen! Das scheint in der emotionalen Erregung unvorstellbar. Deshalb wird ihr nur selten eine Chance eingeräumt – O-Ton: “Da müsste ja ein Wunder geschehen …“
Der Clou der Mediation
Mediation schafft sich ihre Erfolgsvoraussetzungen selbst. Zur großen Stärke des Verfahren gehört es, die Kooperationsbereitschaft wieder herzustellen. Meiner Meinung nach ist das ihr effektivster Hebel – hier zeigt sich das Können der Mediator*innen und offenbart sich der Vorteil des strukturierten Mediations-Verfahrens.
Wagnis Mediation
Was im Moment der Eskalation unrealistisch erscheint, gelingt erfahrenen Mediator*innen in etwa 80 Prozent der Fälle.
Wer im Konflikt steckt, ist gezwungen ins kalte Wasser springen, wenn eine Mediation gewählt wird. Denn der friedliche Ausweg ist gefühlt in weite Ferne gerückt. Jetzt dem Versprechen der Methode zu vertrauen, fällt hierzulande offenbar schwerer und erklärt vielleicht, warum das Potential der Mediation in Deutschland seltener ausgeschöpft wird.
Für Unternehmen
Besonders für Unternehmerinnen und Unternehmer bietet Mediation einige Vorteile:
Die Verantwortung für das inhaltliche Ergebnis bleibt bei den Konfliktparteien. Kein Außenstehender (Richter, Schlichter etc.) entscheidet über das eigene Schicksal. Davon profitieren vor allem jene, die gern ihre Selbstbestimmung behalten und es vorziehen selbstverantwortlich zu handeln.
Bei allen Vorteilen – Mediation ist ein herausforderndes Verfahren, das den Mut und das ganze Herz und Hirn aller Beteiligten fordert.
Aus der Praxis
Ich beobachte in meinen Mediationen eine schrittweise Herstellung von Kooperationsbereitschaft. Die ersten Schritte kommen den Beteiligten oft langsam vor und sind mühselig. Manchmal benötigen sie mehrere Termine. Sind beide Seiten schließlich bereit zur Kooperation, bin ich immer wieder überrascht, wie mühelos sich der ursprüngliche Konflikt lösen lässt. Und ja, hin und wieder sagen die ehemaligen Kontrahenten: „Das ist ja wie ein Wunder.“
Ist es nicht – aber Mediation!
Checkliste: Mediation oder Gerichtsverfahren?
- Mediation: Selbstbestimmte Lösung
- Gericht: Richter entscheidet
- Mediation: Wagnis, setzt Vertrauen in die Methode voraus
- Gericht: bekannter Ablauf, Konflikt wird mit Sicherheit entschieden
- Mediation kann jederzeit abgebrochen werden
- Gericht: Sicherheit einer Entscheidung
- Mediation: Ergebnis im Konsens
- „Vor Gericht und auf See ist man in Gottes Hand.“
- Erfolg bei Mediation: Oft vertiefte Vertrauensbeziehung der Parteien
- Erfolg bei Gericht: Weitere Zusammenarbeit oft schwierig
- Gerichtsverfahren langwieriger als Mediationsverfahren
- Der Weg vor Gericht steht weiterhin offen
Über den Autor
Holger Quandt M.A. ist hauptberuflich zert. Mediator mit Schwerpunkt Wirtschaftsmediation.
Seine vielfältigen Stationen vom Industriekaufmann über Kunst- und Wissenschaftsgeschichte, wo er an TU Berlin und im Bodemuseum die Kommunikation mittelalterlicher Altarbilder erforschte, führen zurück in den Wirtschaftsbereich. Er baute einen Filmvertrieb auf und bekam zweimal den Venus Award, als bester Marketing- und Vertriebsleiter der Branche. Langjährig war er geschäftsführender Gesellschafter der KEQ GmbH.
Seit 14 Jahren ist er als Berater, Coach und Mediator selbständig.